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Bund: Microsoft-Kosten seit 2015 fast vervierfacht auf 178 Millionen Euro

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Die Bundesregierung hat 2020 pro rund 178,5 Millionen Euro Softwarelizenzen, Cloud- und Serverdienste zusammen mit Microsoft eingekauft, ein neuer Großauftrag steht an.


    Bund: Microsoft-Kosten seit 2015 fast vervierfacht auf 178 Millionen Euro

(Bild: Denis Linine/Shutterstock.com)

Von

  • Stefan Krempl

Die Bundesverwaltung versucht seit Jahren, sich im Interesse der digitalen Souveränität von Microsoft zu lösen. Bislang hat sie mit dieser Strategie aber keinen Erfolg. So blätterten die Bundesministerien im Haushaltsjahr 2020 rund 178,5 Millionen Euro für Softwarelizenzen, Cloud- und Serverdienste des Konzerns hin, wie aus einer heise online vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Victor Perli von der Fraktion "Die Linke" hervorgeht.

Die Ausgaben etwa für Office, Windows, Windows Server und das Cloud-Angebot Azure sind demnach gegenüber 2019 noch einmal leicht gestiegen, wie auch der Spiegel berichtete. Damals lagen sie bei 177,2 Millionen Euro – obwohl für dieses Jahr ursprünglich nur 57,2 Millionen veranschlagt waren. 2015 hatte der Bund 43,5 Millionen Euro an Microsoft überwiesen. Seitdem haben sich die Kosten so fast vervierfacht.

2018 zahlten die Bundesbehörden knapp 73 Millionen Lizenzgebühren an Microsoft. Der Löwenanteil der bereits damals deutlich aus dem Ruder gelaufenen Ausgaben entfiel auf das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) mit 62,5 Millionen Euro. Platz 2 belegte das Auswärtige Amt (AA) mit 4,7 Millionen Euro, das vor einigen Jahren von Linux auf Windows & Co. migriert war. Das Bundesinnenministerium (BMI) hatte für 2019 zunächst über 19 Millionen Euro für die Nutzung von Microsoft-Produkten eingeplant, das Bundesfinanzministerium (BMF) 12,8 Millionen.

Spitzenreiter unter den Ressorts war nach den neuen Angaben 2020 das BMI mit 38,6 Millionen, knapp gefolgt vom BMF mit 36,8 Millionen und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit 14 Millionen Euro. Bei weiteren Service-Leistungen von Microsoft steht das BMF mit knapp 12 Millionen vor dem BMI mit 7,4 Millionen Euro. Das BMVg "sieht davon ab", die jeweils bei Handelspartnern anfallenden Produktkosten weiterzugeben, "da Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berührt sein könnten".

Wirtschaftsprüfer von PwC hatten 2019 in einer Studie für das BMI aber schon Alarm geschlagen: Insbesondere die Abhängigkeit von Microsoft-Produkten führt ihnen zufolge "zu Schmerzpunkten bei der Bundesverwaltung, die im Widerspruch zu den strategischen Zielen der IT des Bundes stehen". Als kritisch empfanden die befragten Anwender und Strategen vor allem die eingeschränkte Informationssicherheit und rechtliche Grauzonen etwa beim Datenschutz.

Dies gefährdet laut der Analyse "die digitale Souveränität des Staates". Ferner knacke es im Getriebe aufgrund "unkontrollierbarer Kosten", "eingeschränkter Flexibilität" und "fremdgesteuerter Innovation". Führungskräfte im Innenressort hatten zuvor einen "großen Wurf" gegen Microsoft angekündigt. Bundesinnenminister Horst Seehofer wollte vor zwei Jahren zumindest rasch "Gespräche mit Software-Anbietern führen". Außerdem wollte der CSU-Politiker Alternativ-Programme prüfen, wobei der Einsatz freier Software eine wesentliche Rolle spielen sollte.

Die Bundesregierung beteuerte nun, die Behörden verlangten von Microsoft die Einhaltung der geltenden Gesetze. Sie stellen ferner erhöhte Sicherheitsanforderungen. Dies sei etwa "in den entsprechenden Konditionenverträgen des Bundes mit Microsoft geregelt".

"Der Software-Konzern nutzt die Abhängigkeit der Bundesverwaltung eiskalt aus, die Regierung habe die Kostenentwicklung nicht mehr unter Kontrolle", moniert dagegen Perli, der Haushaltsexperte der Linken ist. Anstatt weiter tatenlos zuzuschauen, müssten endlich mehr Lösungen mit offenem Quellcode gefördert werden. Die Exekutive verschweige zudem, ob und wie sie im Rahmen der Nutzung von Microsoft-Dienstleistungen eine datenschutzkonforme Verarbeitung von persönlichen Daten garantiere. Nach dem Aus des Privacy Shields sei ein Transfer in die USA problematisch. Peter Ganten, Vorsitzender der Open Source Business Alliance, unterstrich: Wichtig sei jetzt, gegenzusteuern "und schnell die Basis für eine Multi-Vendor-Strategie zu bauen", also bei der Beschaffung deutlich mehr Anbieter zu berücksichtigen.

Dass Microsoft mit Office 365 voll auf die Cloud setzt, könnte die Bundesverwaltung noch stärker in die Arme des US-Konzerns treiben: Das BMF brachte laut Tagesspiegel Background im vorigen Herbst in der Konferenz der IT-Beauftragten der Ressorts eine Beschlussvorlage ein, wonach es gerne bei Microsoft eine private-Cloud-Lösung ordern würde. Damit solle es der Verwaltung möglich werden, Office-Programme & Co. aus Redmond serverbasiert selbstständig auf dem Azure-Stack zu betreiben und zugleich die zäh laufende IT-Konsolidierung des Bundes mit dem Ökosystem des Softwareriesen voranzutreiben.

Dem Bericht zufolge erhielt das Finanzressort zwar keine vollständige Freigabe, es solle die Option aber nun zumindest als Übergangslösung prüfen. Die derzeitige Vertragssituation mit Microsoft gewährleiste nur noch bis 2025, dass Microsoft Office ohne Cloud auf Behördenrechnern läuft. Aktuell werde ein Pilotprojekt entwickelt, an dem auch das BMI, das BMVg und das AA beteiligt seien. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hege aber große Bedenken gegen den Plan. Von ambitionierten Vorhaben wie der Bundescloud und dem europäischen Cloud-Projekt Gaia-X ist in dieser Debatte nicht viel zu hören.

(bme)

Quelle: www.heise.de

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